Erkennen Sie Hautkrebs, wenn Sie ihn sehen?
Dr.
Latzke im Interview mit main.tv
Hautkrebs
ist mittlerweile die häufigste
Krebserkrankung in Deutschland, zahlenmäßig noch vor dem Brustkrebs bei
Frauen und dem Prostatakrebs bei Männern. Die Zahl der Neuerkrankungen
steigt jährlich um 3 - 7%. |
Dabei erkranken Frauen in Europa etwa doppelt so häufig wie Männer, hingegen haben Männer insgesamt eine schlechtere Prognose als Frauen. Melanome
treten bevorzugt im mittleren Lebensalter
zwischen dem 40. und 60. Lebensjahr auf (Altersmedian 53 Jahre).
Altersmelanome (ca. 10 % aller Melanome), die sich gehäuft aus zuvor
bestehenden Altersflecken im Gesicht entwickeln, entstehen mit einer
zeitlichen Verzögerung von 15 bis 20 Jahren zwischen dem 60. und 80.
Lebensjahr. Als Ursachen, die zur Melanomentstehung beitragen, werden unter anderem ein verändertes Freizeitverhalten mit vermehrtem und falschem Genuß von Sonne angesehen.: |
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![]() Die Sonne
"brennt",
und sie verändert unsere Muttermale. |
Bezüglich Empfehlungen zum richtigen Lichtschutz und einem heute empfohlenen Umgang im Verhalten mit der Sonne habe ich für Sie ausführliche Informationen in meiner Praxisinformation Nr. 16 zusammengestellt: Richtiger Lichtschutz – Hautkrebs vermeiden. Als weitere Faktoren, die zur Entstehung eines schwarzen Melanoms führen können, sind verschiedene persönlich-genetische Merkmale bekannt.:
In etwa 30% bis 40% entstehen Melanome auf dem Boden von bestehenden Pigmentmalen, in den anderen Fällen entstehen Melanome neu auf zuvor klinisch unauffälliger Haut. Der wichtigste Faktor für die Prognose eines Melanoms stellt die Eindringtiefe in die Haut dar (Tumordicke). Ein Melanom ist heilbar, wenn es frühzeitig erkannt und operativ entfernt wird, solange es nur ganz oberflächlich gewachsen ist. Die rechtzeitige Erkennung eines verdächtigen Muttermales bzw. eines Melanoms ist daher von ganz entscheidender Bedeutung für Ihr weiteres Leben. In
80 % treten Melanome an gewöhnlich von der
Kleidung bedeckten Körperstellen auf, bei Frauen inbesondere an den
Beinen, bei Männern insbesondere am Rumpf. Daher werden die meisten Melanome nur entdeckt, wenn man
eine Ganzkörperbetrachtung der Haut durchführt. Durch die seit Januar 2019 geltende erweiterte Dokumentation für das gesetzliche Hautkrebsscreening sind die jährlichen Nettoarbeitsstunden der Hautärzte um mehr als 32.000 angestiegen, basierend auf einer jährlichen Fallzahl von über 3,3 Millionen Untersuchungen. Das geht aus dem neuesten Bürokratieindex (BIX) hervor, den die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) und die Fachhochschule des Mittelstandes (FHM) im November 2019 in Berlin vorgestellt hat. Aufgrund dieser hohen Bürokratiebelastung bieten wir das Hautkrebsscreening daher ausschließlich im Rahmen einer individuellen Gesundheitsleistung auf privater Honorarbasis nach GOÄ Ziffern an. Der Betrag von 45 Euro ist nach der Untersuchung in der Praxis gegen Rechnung direkt in bar zu begleichen. Für mich als Facharzt, ist das Hautkrebsscreening seit Jahren eine tägliche Leistung meiner Praxis, wobei diese Untersuchung von mir seit jeher - zu Ihrem Vorteil - professionell nach Facharztstandard mittels Dermatoskop (hochauflösendes Auflichtmikroskop) durchgeführt wird. Wie eine Analyse von 22 Studien mit 9004 Muttermalen gezeigt hat, können Experten im Vergleich zur klinischen Diagnostik mit dem Dermatoskop einen 35%igen Anstieg der diagnostischen Treffsicherheit erzielen. Das Dermatoskop erlaubt mir somit eine wesentlich genauere Untersuchung Ihrer auffälligen Muttermale. Auch in aktuellen Leitlinien wird empfohlen, die Dermatoskopie einzusetzen, um die klinische Diagnostik von auffälligen Läsionen zu verbessern.: „Prävention von Hautkrebs“ ( S3-Leitlinie, 4/2014) und „Diagnostik, Therapie und Nachsorge des Melanoms“ ( S3-Leitlinie, 7/2018) sowie „Aktinische Keratose und Plattenepithelkarzinom der Haut“ ( S3-Leitlinie 6/2019). Die Erfahrungen dieser Leitlinien entsprechen höchsten international einheitlich definierten Ansprüchen. Das
Foto zeigt ein Muttermal durch das Dermatoskop betrachtet. Sie sehen
u.a. in
der Bildmitte und am unterem Bildrand mittig fingerförmige
Ausstülpungen in einem „milchigen“ Farbton. Solche milchigen Areale
sind ein deutlicher Anhaltspunkt für die Diagnose eines malignen
Melanoms. Diese „milchigen“ Areale sind jedoch nur mittels Dermatoskop
sichtbar. Der normale Betrachter sieht sie mit bloßem Auge nicht, und
auch dem Untersucher mit Vergrößerungslupe erschließen sich diese
Areale nicht. Die Diagnose eines malignen Melanoms wurde durch die
pathologische Untersuchung des Herdes bestätigt. Darüber hinaus biete ich Ihnen eine computergestützte Video Dokumentation (Full-HD Auflösung) von Muttermalen an. Dabei werden die Male mittels Videokamera fotografiert, am Bildschirm vergrößert dargestellt und digital gespeichert. Ein integriertes Programm analysiert verschiedene Kriterien des Mals wie z.B. Farbvielfalt, Berandung, Strukturelemente und vergleicht diese mit einer Datenbank um eine automatisierte Risikoeinstufung vorzunehmen.
Eine
Frühvorsorgeuntersuchung
der kompletten Haut auf suspekte Pigmentflecken
ist relativ schnell und für Sie unaufwendig durchgeführt, trotz einer hohen Sicherheit. So
zeigte sich eine hohe Zuverlässigkeit dieses Tumor-Screenings von 93,3
%. Dies liegt deutlich über dem Ergebnis anderer
Krebsvorsorgeuntersuchungen, wie der Nachweis von verstecktem Blut im
Stuhl zur Dickdarmkrebsfrüherkennung (69 %) oder die
Abstrichuntersuchung für den Gebärmutterhalskrebs (78 %). |
![]() Gutartiger Pigmentfleck Aufbau symmetrisch, Begrenzung glatt, Coloration gleichmäßig |
Zur Früherkennung verdächtiger Muttermale werden die A–B-C–D-Regeln angewandt, die sich nach meiner Formel zu Ihrem Gebrauch sinnvoll erweitern lassen (E-F-G-H-I-J). Da auch Sie Ihre Haut selbst beobachten können, können Sie einen hohen persönlichen Beitrag zur Ihrer Hautkrebsfrüherkennung beitragen. |
Ich möchte Ihnen daher im folgenden die Kriterien erklären, die für die Beurteilung verdächtiger Pigmentmale wichtig sind. Dabei sollten Sie diese Regeln nicht als Gebrauchsanweisung verstehen, selbst entscheiden zu können, ob ein Muttermal noch gut oder schon bösartig ist. Sie sollen vielmehr dazu beitragen, durch eigene aktive Beobachtung Ihrer Pigmentmale rechtzeitig Ihrem Arzt einen auffälligen Herd zu zeigen. |
A
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Asymmetrie: In der Regel sind gutartige Pigmentmale rund oder oval, spiegelbildlich aufgebaut. Asymmetrische Form eines Leberflecks, d.h., der Herd kann in sich selbst nicht exakt gespiegelt werden, ist verdächtig. |
![]() Bereits verändert Asymmetrischer Aufbau, Coloration ungleichmäßig |
B
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Begrenzung: Gutartige Pigmentmale sind regelmäßig begrenzt. Unregelmäßige Begrenzungen Ihres Mals sind verdächtig! z.B. unscharfe Linien, zugenförmige Ausläufer, wolkige Auslaufränder. |
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C
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Coloration = Farbe: Gutartige Pigmentmale sind in der Regel gleichmäßig pigmentiert von hell bis mittelbrauner Farbe. Verschiedene Farbschattierungen innerhalb eines Pigmentmals, z. B. hellbraune/rötliche/graue/schwarze/weiße/dunkelbraune Zonen nebeneinander sind immer verdächtigt. Hochgradig verdächtig sind insbesondere helle Zonen innerhalb oder am Rand eines Mals (Regressionszeichen). Verdächtig sind außerdem Pigmentmale mit einem rötlichen Farbton und Leberflecken, die sehr schwarz sind (Melanom = Schwarzer Hautkrebs). |
![]() Auffällig Asymmetrischer Aufbau, Begrenzung ungleichmäßig, Coloration ungleichmäßig |
D
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Durchmesser: Eine
Außnahme bezüglich des Durchmessers stellen
„knotige“ Pigmentmale dar. So kann die knotige Variante eines Melanoms
(primär noduläres Melanom) kleiner als 5mm sein. |
![]() Auffällig Asymmetrischer Aufbau, Begrenzung ungleichmäßig, Coloration ungleichmäßig |
E
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Expansionsgeschwindigkeit: Gutartige Pigmentmale wachsen in der Regel nicht, wenn überhaupt, dann nur äußerst langsam. Auffallendes Expandieren eines Mals, also eine von Ihnen als auffällig bemerktes dynamisches Wachstum und schnelle Größenzunahme - egal ob symmetrisch oder asymmetrisch, egal ob homogen oder inhomogen pigmentiert - sind immer verdächtig. |
![]() Hochgradig auffällig! Asymmetrischer Aufbau, Begrenzung ungleichmäßig, Coloration ungleichmäßig und mehrfarbig, Durchmesser auffallend groß |
F
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Flächenbeschaffenheit: Gemeint ist hier die Oberfläche eines Muttermals, welches in der Regel als ganzes Mal im Hautniveau liegt (d.h., es ist flach), oder homogen erhaben fühlbar ist. Sind aber innerhalb eines Mals verschiedene Oberflächenanteile nebeneinander sichtbar und fühlbar, z.B., flache, knotige oder warzige Anteile, sind solche Herde verdächtig. |
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G
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Gefühlsregungen: Gutartige Pigmentmale sind in der Regel stumm. „Spüren“ Sie hingegen ein Muttermal immer wieder mit subjektiven Gefühlswahrnehmungen wie z.B., Jucken, Brennen, Beißen, Stechen, Schmerzen, etc., ist dies verdächtig. Besitzen Sie ein solches Pigmentmal, das Sie regelmäßig spüren, sollten Sie umgehend einen Hautarzt aufsuchen, da solche Gefühlswahrnehmungen in der Regel keine Frühsymptome mehr sind! |
![]() In höchstem Maße auffällig! Asymmetrischer Aufbau, Begrenzung ungleichmäßig, Coloration verschiedenfarbig, Flächenstruktur ungleichmäßig |
H
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Haarausfall: Gelegentlich wachsen in gutartigen Pigmentmalen Haare. Plötzlicher Haarausfall aus einem solchen Mal ist verdächtig. |
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I
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Irritationen: |
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J
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Jede Körperstelle : Melanome können an jeder Stelle Ihrer Haut enstehen. Daher sollten Sie auch Ihre Mundhöhle, Ihre Genitalien und Ihre Finger- und Zehennägel betrachten. Jede pigmentierte Hautveränderung am oder neben dem Nagel muß als kritisch angesehen und abgeklärt werden. |
Abschließend
sei betont, daß nicht ein einzelnes der oben aufgeführten Kriterien zur
Diagnose führt, aber sehr wohl ein wichtiger Beitrag Ihrerseits zur
Früherkennung von Hautkrebs und seinen Vorstufen sein kann.
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Dr. Latzke ist offizieller Lichtschutzreferent des Berufsverbandes der Deutschen Dermatologen.
Die vorliegende Patienteninformation meiner Praxis wurde für Sie nach
dem heutigen Stand des ärztlichen Wissens auf der Basis der aktuellen
medizinischen Fachliteratur erstellt.
Quellenangabe
der Bilder - Mit freundlicher Genehmigung
Kaufmann
R., Weber L., Rodermund O.-E.: Kutane Melanome
Editiones Roche Bild 8 und 13