Erkennen Sie Hautkrebs, wenn Sie ihn sehen?

 

Dr. Latzke im Interview mit main.tv


Hautkrebs ist mittlerweile die häufigste Krebserkrankung in Deutschland, zahlenmäßig noch vor dem Brustkrebs bei Frauen und dem Prostatakrebs bei Männern. Die Zahl der Neuerkrankungen steigt jährlich um 3 - 7%.

Der für die Haut bedeutsamste Krebs stellt das Melanom, der sogenannte schwarze Hautkrebs dar, nicht nur wegen seiner zunehmenden Häufigkeit, sondern auch auf Grund seines aggressiven biologischen Wachstumsverhaltens und seiner schwierigen Therapierbarkeit bei eingetretener Streuung (Metastasierung).

Weltweit nehmen Melanome zu und nach aktuellen Zahlen erkranken in Gesamtdeutschland demnach 19 Patienten pro 100.000 Einwohner jährlich neu am schwarzen Hautkrebs (hautnah dermatologie 2019; 35(4) ). In Australien sind es wesentlich mehr, ca. 50 bis 60 Patienten pro 100.000 Einwohner jährlich.


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Dabei erkranken Frauen in Europa etwa doppelt so häufig wie Männer, hingegen haben Männer insgesamt eine schlechtere Prognose als Frauen.

Melanome treten bevorzugt im mittleren Lebensalter zwischen dem 40. und 60. Lebensjahr auf (Altersmedian 53 Jahre). Altersmelanome (ca. 10 % aller Melanome), die sich gehäuft aus zuvor bestehenden Altersflecken im Gesicht entwickeln, entstehen mit einer zeitlichen Verzögerung von 15 bis 20 Jahren zwischen dem 60. und 80. Lebensjahr.
Im Kindesalter sind maligne Melanome mit 1,3% selten,bei Jugendlichen über 15 Jahren ist es mit 7% aller bösartiger Tumoren aber bereits der fünfthäufigste Tumor.
Die Hälfte aller Melanome bei Kindern vor der Pubertät entsteht auf vorbestehenden Malen,etwa auf angeborenen Pigmentmalen die seit Jahren bestehen.Gerade diese Kinder sollten daher engmaschig und genauer kontrolliert werden.

Als Ursachen, die zur Melanomentstehung beitragen, werden unter anderem ein verändertes Freizeitverhalten mit vermehrtem und falschem Genuß von Sonne angesehen.:

  • Insbesondere schwere Sonnenbrände in der Kindheit und Jugend vor dem 15. Lebensjahr erhöhen des spätere Risiko, an einem schwarzen Melanom zu erkranken um das drei bis fünfache gegenüber der Normalbevölkerung.
  • Kurzzeitige wiederholte Sonnenbestrahlungen (intermittierende Sonnenexposition) bei nicht vorgebräunter Haut erhöht das Risiko, an schwarzem Hautkrebs zu erkranken.
  • Die im Laufe des Lebens kumulierte Gesamtsonnenbestrahlung fördert das Auftreten einer speziellen Form vom schwarzen Hautkrebs, besonders an Stellen, die tagtäglich dem Licht ausgesetzt sind (Lentigo maligna Melanom, in etwa 60 % am Kopf/Gesicht).

Die Sonne "brennt",
und sie verändert unsere Muttermale.

Bezüglich Empfehlungen zum richtigen Lichtschutz und einem heute empfohlenen Umgang im Verhalten mit der Sonne habe ich für Sie ausführliche Informationen in meiner Praxisinformation Nr. 16 zusammengestellt: Richtiger Lichtschutz – Hautkrebs vermeiden.

Als weitere Faktoren, die zur Entstehung eines schwarzen Melanoms führen können, sind verschiedene persönlich-genetische Merkmale bekannt.:

  • Die Melanombelastung innerhalb einer Familie.
    Ein familiäres gehäuftes Melanomvorkommen wird in einem Häufigkeitsbereich bis zu 12% beobachtet.
  • Vorausgegangene eigene Melanome (bei ca. 5-10 % aller Melanompatienten entsteht ein zweites Melanom).
  • Bereits bei Geburt bestehende große Pigmentmale (Risiko einer späteren Entartung, je nach Größe zwischen 4% - 6 %).
  • Die Gesamtzahl der Pigmentmale Ihrer Haut (Personen mit mehr als 50 Pigmentmale haben ein ca. 5fach höheres Melanomrisiko als Patienten mit weniger als 10 Pigmentmale).
  • Das Pigmentierungsverhalten der Haut und die Haarfarbe (Personen mit rötlich/keltischer Hautfarbe und rötlicher Haarfarbe haben ein ebenfalls ca. 5fach erhöhtes Melanomrisiko).
  • Das vormalige Auftreten eines schwer veränderten Pigmentmals (atypisches, dysplastisches Mal) erhöht das Risiko, ein Melanom zu entwickeln,um das 2-fache. Bei mehrfachen dysplastischen Malen erhöht sich das Risiko ein Melanom zu entwickeln um das 7-fache.

In etwa 30% bis 40% entstehen Melanome auf dem Boden von bestehenden Pigmentmalen, in den anderen Fällen entstehen Melanome neu auf zuvor klinisch unauffälliger Haut.

Der wichtigste Faktor für die Prognose eines Melanoms stellt die Eindringtiefe in die Haut dar (Tumordicke). Ein Melanom ist heilbar, wenn es frühzeitig erkannt und operativ entfernt wird, solange es nur ganz oberflächlich gewachsen ist. Die rechtzeitige Erkennung eines verdächtigen Muttermales bzw. eines Melanoms ist daher von ganz entscheidender Bedeutung für Ihr weiteres Leben.

In 80 % treten Melanome an gewöhnlich von der Kleidung bedeckten Körperstellen auf, bei Frauen inbesondere an den Beinen, bei Männern insbesondere am Rumpf. Daher werden die meisten Melanome nur entdeckt, wenn man eine Ganzkörperbetrachtung der Haut durchführt.
Seit Jahren wird daher von uns Hautärzten eine Früherkennungsuntersuchung der gesamten Haut als wichtige Gesundheitsvorsorge empfohlen. Diese Vorsorgeuntersuchung ihres kompletten Hautorgans ist einmal im Jahr empfehlenswert.

Seit 2008 ist das Hautkrebsscreening bundesweit eine Kassenleistung der Krankenkassen. Als gesetzlich Versicherter haben Sie diesbezüglich nur einen Leistungsanspruch gegenüber Ihrer Krankenkasse, dem aber nicht automatisch auch eine Leistungsverpflichtung der Hautärzte gegenübersteht. Der Hautarzt kann frei entscheiden, ob er an dem von der Kasse angebotenen Hautkrebsscreening teilnimmt.

Durch die seit Januar 2019 geltende erweiterte Dokumentation für das gesetzliche Hautkrebsscreening sind die jährlichen Nettoarbeitsstunden der Hautärzte um mehr als 32.000 angestiegen, basierend auf einer jährlichen Fallzahl von über 3,3 Millionen Untersuchungen. Das geht aus dem neuesten Bürokratieindex (BIX) hervor, den die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) und die Fachhochschule des Mittelstandes (FHM) im November 2019 in Berlin vorgestellt hat.

Aufgrund dieser hohen Bürokratiebelastung bieten wir das Hautkrebsscreening daher ausschließlich im Rahmen einer individuellen Gesundheitsleistung auf privater Honorarbasis nach GOÄ Ziffern an. Die Leistung ist mit 48 Euro kostenpflichtig und direkt nach der Untersuchung in bar (!) zu bezahlen.

Für mich als Facharzt, ist das Hautkrebsscreening seit Jahren eine tägliche Leistung meiner Praxis, wobei diese Untersuchung von mir seit jeher - zu Ihrem Vorteil - professionell nach Facharztstandard mittels Dermatoskop (hochauflösendes Auflichtmikroskop) durchgeführt wird.

Wie eine Analyse von 22 Studien mit 9004 Muttermalen gezeigt hat, können Experten im Vergleich zur klinischen Diagnostik mit dem Dermatoskop einen 35%igen Anstieg der diagnostischen Treffsicherheit erzielen. Das Dermatoskop erlaubt mir somit eine wesentlich genauere Untersuchung Ihrer auffälligen Muttermale.

Auch in aktuellen Leitlinien wird empfohlen, die Dermatoskopie einzusetzen, um die klinische Diagnostik von auffälligen Läsionen zu verbessern.: „Prävention von Hautkrebs“ ( S3-Leitlinie, 4/2014) und „Diagnostik, Therapie und Nachsorge des Melanoms“ ( S3-Leitlinie, 7/2018) sowie „Aktinische Keratose und Plattenepithelkarzinom der Haut“ ( S3-Leitlinie 6/2019). Die Erfahrungen dieser Leitlinien entsprechen höchsten international einheitlich definierten Ansprüchen.

Das Foto zeigt ein Muttermal durch das Dermatoskop betrachtet. Sie sehen u.a. in der Bildmitte und am unterem Bildrand mittig fingerförmige Ausstülpungen in einem „milchigen“ Farbton. Solche milchigen Areale sind ein deutlicher Anhaltspunkt für die Diagnose eines malignen Melanoms. Diese „milchigen“ Areale sind jedoch nur mittels Dermatoskop sichtbar. Der normale Betrachter sieht sie mit bloßem Auge nicht, und auch dem Untersucher mit Vergrößerungslupe erschließen sich diese Areale nicht. Die Diagnose eines malignen Melanoms wurde durch die pathologische Untersuchung des Herdes bestätigt.

Darüber hinaus biete ich Ihnen eine computergestützte Video Dokumentation (Full-HD Auflösung) von Muttermalen an. Dabei werden die Male mittels Videokamera fotografiert, am Bildschirm vergrößert dargestellt und digital gespeichert. Ein integriertes Programm analysiert verschiedene Kriterien des Mals wie z.B. Farbvielfalt, Berandung, Strukturelemente und vergleicht diese mit einer Datenbank um eine automatisierte Risikoeinstufung vorzunehmen.

  
Auffällige Verlaufsbeobachtung
Veränderungen eines Pigmentmals dokumentiert durch eine computergestützte Foto Verlaufskontrolle (2012, 2013, 2015)

Eine Frühvorsorgeuntersuchung der kompletten Haut auf suspekte Pigmentflecken ist relativ schnell und für Sie unaufwendig durchgeführt, trotz einer hohen Sicherheit. So zeigte sich eine hohe Zuverlässigkeit dieses Tumor-Screenings von 93,3 %. Dies liegt deutlich über dem Ergebnis anderer Krebsvorsorgeuntersuchungen, wie der Nachweis von verstecktem Blut im Stuhl zur Dickdarmkrebsfrüherkennung (69 %) oder die Abstrichuntersuchung für den Gebärmutterhalskrebs (78 %).

 

Gutartiger Pigmentfleck

Aufbau symmetrisch, Begrenzung glatt, Coloration gleichmäßig

Zur Früherkennung verdächtiger Muttermale werden die A–B-C–D-Regeln angewandt, die sich nach meiner Formel zu Ihrem Gebrauch sinnvoll erweitern lassen (E-F-G-H-I-J).

Da auch Sie Ihre Haut selbst beobachten können, können Sie einen hohen persönlichen Beitrag zur Ihrer Hautkrebsfrüherkennung beitragen.


Ich möchte Ihnen daher im folgenden die Kriterien erklären, die für die Beurteilung verdächtiger Pigmentmale wichtig sind. Dabei sollten Sie diese Regeln nicht als Gebrauchsanweisung verstehen, selbst entscheiden zu können, ob ein Muttermal noch gut oder schon bösartig ist. Sie sollen vielmehr dazu beitragen, durch eigene aktive Beobachtung Ihrer Pigmentmale rechtzeitig Ihrem Arzt einen auffälligen Herd zu zeigen.
A
Asymmetrie:
In der Regel sind gutartige Pigmentmale rund oder oval, spiegelbildlich aufgebaut.
Asymmetrische Form eines Leberflecks, d.h., der Herd kann in sich selbst nicht exakt gespiegelt werden, ist verdächtig.


Bereits verändert
Asymmetrischer Aufbau, Coloration ungleichmäßig
B
Begrenzung:
Gutartige Pigmentmale sind regelmäßig begrenzt.
Unregelmäßige Begrenzungen Ihres Mals sind verdächtig! z.B. unscharfe Linien, zugenförmige Ausläufer, wolkige Auslaufränder.
C
Coloration = Farbe:
Gutartige Pigmentmale sind in der Regel gleichmäßig pigmentiert von hell bis mittelbrauner Farbe.
Verschiedene Farbschattierungen innerhalb eines Pigmentmals, z. B. hellbraune/rötliche/graue/schwarze/weiße/dunkelbraune Zonen nebeneinander sind immer verdächtigt.
Hochgradig verdächtig sind insbesondere helle Zonen innerhalb oder am Rand eines Mals (Regressionszeichen).
Verdächtig sind außerdem Pigmentmale mit einem rötlichen Farbton und Leberflecken, die sehr schwarz sind (Melanom = Schwarzer Hautkrebs).


Auffällig
Asymmetrischer Aufbau, Begrenzung ungleichmäßig, Coloration ungleichmäßig
D

Durchmesser:
Sehr kleine „flache“ Pigmentflecken (kleiner als 5mm) sind in der Regel inaktiv.
Ab einem Durchmesser von 5mm sind die Pigmentmale auf die anderen Kriterien zu untersuchen. „Monströse“ Größen eines Mals von der Fläche einer Geldmünze (begonnen von der Größe eines Cents bis zur Größe des guten alten 5-DM-Stückes) sind immer verdächtig!

Eine Außnahme bezüglich des Durchmessers stellen „knotige“ Pigmentmale dar. So kann die knotige Variante eines Melanoms (primär noduläres Melanom) kleiner als 5mm sein.


Auffällig
Asymmetrischer Aufbau, Begrenzung ungleichmäßig, Coloration ungleichmäßig
E
Expansionsgeschwindigkeit:
Gutartige Pigmentmale wachsen in der Regel nicht, wenn überhaupt, dann nur äußerst langsam.
Auffallendes Expandieren eines Mals, also eine von Ihnen als auffällig bemerktes dynamisches Wachstum und schnelle Größenzunahme - egal ob symmetrisch oder asymmetrisch, egal ob homogen oder inhomogen pigmentiert - sind immer verdächtig.

Hochgradig auffällig!
Asymmetrischer Aufbau, Begrenzung ungleichmäßig, Coloration ungleichmäßig und mehrfarbig,
Durchmesser auffallend groß
F
Flächenbeschaffenheit:
Gemeint ist hier die Oberfläche eines Muttermals, welches in der Regel als ganzes Mal im Hautniveau liegt (d.h., es ist flach), oder homogen erhaben fühlbar ist.
Sind aber innerhalb eines Mals verschiedene Oberflächenanteile nebeneinander sichtbar und fühlbar, z.B., flache, knotige oder warzige Anteile, sind solche Herde verdächtig.
G
Gefühlsregungen:
Gutartige Pigmentmale sind in der Regel stumm.
„Spüren“ Sie hingegen ein Muttermal immer wieder mit subjektiven Gefühlswahrnehmungen wie z.B., Jucken, Brennen, Beißen, Stechen, Schmerzen, etc., ist dies verdächtig.
Besitzen Sie ein solches Pigmentmal, das Sie regelmäßig spüren, sollten Sie umgehend einen Hautarzt aufsuchen, da solche Gefühlswahrnehmungen in der Regel keine Frühsymptome mehr sind!

In höchstem Maße auffällig!
Asymmetrischer Aufbau, Begrenzung ungleichmäßig, Coloration verschiedenfarbig, Flächenstruktur ungleichmäßig
H
Haarausfall:
Gelegentlich wachsen in gutartigen Pigmentmalen Haare. Plötzlicher Haarausfall aus einem solchen Mal ist verdächtig.
I

Irritationen:
Pigmentmale, die an Stellen Ihres Körpers sitzen und dort einer ständigen Reibung ausgesetzt sind (z.B. durch BH-Träger, Gürtel, Schuhwerk) sollten entfernt werden, da durch andauernde mechanische Irritation eines Pigmentmales der Übergang in Bösartigkeit möglicherweise gefördert wird.
Gleiches gilt, wenn ein Pigmentmal infolge Reibung ständig blutet oder nässt.
Eine spontane Blutung – also ohne eine Verletzung des Mals – ist jedoch immer hochgradig verdächtig!


In höchstem Maße auffällig!
Asymmetrischer Aufbau, Begrenzung ungleichmäßig, Coloration verschiedenfarbig, Flächenstruktur ungleichmäßig

J
Jede Körperstelle :
Melanome können an jeder Stelle Ihrer Haut enstehen. Daher sollten Sie auch Ihre Mundhöhle, Ihre Genitalien und Ihre Finger- und Zehennägel betrachten. Jede pigmentierte Hautveränderung am oder neben dem Nagel muß als kritisch angesehen und abgeklärt werden.

 

Abschließend sei betont, daß nicht ein einzelnes der oben aufgeführten Kriterien zur Diagnose führt, aber sehr wohl ein wichtiger Beitrag Ihrerseits zur Früherkennung von Hautkrebs und seinen Vorstufen sein kann.
Eine abschließende Begutachtung sollten Sie nur dem Arzt Ihres Vertrauens überlassen, der anhand seiner langjährigen geschulten blickdiagnostischen Kenntnis mit Unterstützung hochauflösender optischer Geräte (Dermatoskop) Sicherheit in der Beurteilung von Pigmentflecken bietet.

 

 

Dr. Latzke ist offizieller Lichtschutzreferent des Berufsverbandes der Deutschen Dermatologen.




Die vorliegende Patienteninformation meiner Praxis wurde für Sie nach dem heutigen Stand des ärztlichen Wissens auf der Basis der aktuellen medizinischen Fachliteratur erstellt.

Quellenangabe der Bilder - Mit freundlicher Genehmigung

Kaufmann R., Weber L., Rodermund O.-E.: Kutane Melanome
Editiones Roche Bild 8 und 13

 

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