Sinnvolle Sanierungsmaßnahmen für Patienten
mit Hausstaubmilbenallergie



Weltweit ist es in den letzten 30 Jahren zu einem Anstieg der wichtigen allergischen Erkrankungen gekommen, wie der allergische Heuschnupfen, das Asthma und die Neurodermitis.

Eine mögliche Ursache dafür könnte in der stärkeren Belastung der Wohnungsräume durch Hausstaubmilben, Tierallergene und Luftschadstoffe liegen, da in Folge einer stärkeren Isolierung der Wohnungen und einem nicht ausreichendem Lüftungsverhalten der geringere Luftwechsel die Allergene konzentriert.


Hausstaubmilbe

Die meiste Zeit des Tages, bis zu 90%, halten wir uns in Innenräumen auf (Arbeitsplatz, Schulen, Turnhallen, Kaufhäuser, Wohnungen), daher liegt der Schwerpunkt sinnvoller Sanierungsmaßnahmen auf der Gestaltung der Innenräume.

Gerade der Hausstaubmilbe kommt hier eine entscheidende Stellung bei. So ist eine Allergisierung gegenüber Milben ein Hauptrisikofaktor für die Entstehung eines Asthmas und insbesondere bei neurodermitiskranken Risikokindern ist eine deutliche Allergieentwicklung gegenüber den Milben festzustellen.

Bezüglich der Sanierungsmaßnahmen für die Hausstaubmilbe werden heute vielerlei Maßnahmen, auch vor dem Hintergrund eines kommerziellen Profites, empfohlen. Viele Produkte versprechen jedoch mehr als sie tatsächlich für betroffene Allergiker eine Linderung herbeiführen können.

Im Folgenden sollen daher - auf dem Boden bisher wissenschaftlich gesicherter Erkenntnisse - "sinnvolle" Sanierungsmaßnahmen für Patienten mit Hausstaubmilbenallergie ausgesprochen werden:

Sanierungsmaßnahmen sollten sich zunächst auf die Sanierung des Bettes, danach auf die Sanierung des gesamten Schlafraumes und erst in zweiter Linie auf das weitere Wohn- und Arbeitsfeld konzentrieren.

1. Sanierung des Bettes

Als effektivste Methode zur Reduktion der Milbenbelastung an der Matratzenoberfläche haben sich sog. "Encasing-Bezüge" erwiesen, ein Überzug, in den die gesamte Matratze eingehüllt wird. Diese Überzüge reduzieren nicht nur wirksam die Milbenallergene im Staub, sondern es werden auch klinisch signifikante Symptomverbesserungen herbeigeführt bei Erwachsenen und Kindern mit Asthma und bei Kindern mit Neurodermitis.

Die Krankenkassen übernehmen nach einer entsprechenden ärztlichen Attestierung die anfallenden Kosten (ca. 160 Euro) für die Encasing-Bezüge ganz oder anteilig. Jedoch kann Ihr Arzt Ihnen für die Anschaffung kein direktes Kassenrezept ausstellen, so dass die Kosten für die Anschaffung zunächst vom Patienten vorgelegt werden müssen.

Bei der Anschaffung eines Encasing-Bezuges sollten Sie Ihren Händler fragen, ob folgende Qualitätskriterien von dem Bezug erfüllt werden:

Bezüglich solcher Qualitätskriterien soll auf den Rheinisch-Westfälischen TÜV hingewiesen werden. Dieser testet im Rahmen der Arbeitsgemeinschaft Raumlufthygiene in Zusammenarbeit mit der Gesellschaft für Allergieforschung Encasing-Bezüge sowie andere Produkte (z.B. Staubsauger) zur Reduktion von Allergenen in Innenräumen. Weitere Informationen diesbezüglich sind abrufbar im Internet unter www.rwtuev-at.de Stichwort Gebäudetechnik, Raumlufthygiene.

Encasing-Bezüge für Kopfkissen und Zudecke sind nicht erforderlich, wenn diese regelmäßig (mindestens alle 3 Monate) mit 60° C gewaschen werden, und die Matratze zuvor mit einem Encasingbezug versehen wurde. Denn in der Regel erfolgt die Allergenbelastung des Kissens und der Decke durch Kontaminierung aus der Matratze.
Nur für hochgradig milbensensibilisierte Patienten empfehlen sich Encasing-Bezüge für Kopfkissen und Oberbetten, die auch auf eine Urlaubsreise mitgenommen werden können, was wesentlich einfacher ist, als die Mitnahme des gesamten Bettzeuges.

Das Material der Matratze ist, wenn sie umhüllt wurde, weniger bedeutsam. Geeignete Materialien sind z.B. Vollschaum- oder Latexmatratzen (eindeutige Hinweise, daß Latexmatratzen,die Allergiegefahr gegen Latex erhöhen, gibt es derzeit nicht) wobei die Luftzirkulation unter der Matratze von entscheidender Bedeutung ist. Sofern das Bettuntergestell oder ein Bettunterbau eine ausreichende Luftzirkulation unter der Matratze verhindert, besteht die Gefahr der Feuchtigkeitsbildung mit einem guten Nährboden für das Wachstum von Schimmelpilzen. Ein gepolsterter Unterbettbau ("Bettkasten") reduziert den Effekt des Matratzenencasings vollständig und ist daher zu vermeiden!

Wenn Sie sich dann eine neue Matratze gekauft haben, sollten Sie diese jedoch erst drei Wochen auslüften lassen, da sich in einer Untersuchung gezeigt hat, daß gesundheitsschädigende, flüchtige organische Verbindungen aus den Matratzen entweichen können, wenn Sie aus der eingeschweißten Folienverpackung entnommen werden. Die starken Belastungen durch gasförmige, organische Verbindungen können auch damit zusammenhängen, daß Matratzen beim Hersteller nicht gelagert und ausgelüftet werden, sondern direkt nach der Produktion in die Folie eingeschweißt werden.

Die in den Betten verwendeten sonstigen Textilien (Schlafanzüge, Bettlaken, Bettbezüge) sollten idealerweise aus Baumwolle sein, da sie eine glatte Oberfläche aufweisen und bei Temperaturen mit mind. 60° C gewaschen werden können. Die Füllmaterialien der Zudecken und Kopfkissen sollten aus Syntetik-Materialien bestehen, die ebenfalls mit mind. 60° C waschbar sind. Das Waschen bei 60° C muss allerdings regelmäßig erfolgen (mindestens alle 3 Monate) und nur bei gleichzeitigem Waschen von Encasingbezug, Oberbett und Kopfkissen ist eine optimale Reduktion der Hausstaubmilben-Allergenmenge im Bett zu erreichen.

Kuscheltiere von Kindern, die nicht bei 60 Grad waschbar sind, sollten mindestens einmal monatlich für 48 Stunden im Gefrierfach bei minus 15 Grad eingelagert werden, hierbei werden sowohl die Milben als auch deren Eier abgetötet (Hautnah Dermatologie: 2018;34(2).) Anschließend sollten die Stofftiere bei 30 Grad gewaschen werden, um die Milbenreste hygienisch zu entfernen.

2. Sanierung des Schlafraumes

Menschen, Haustiere und Zimmerpflanzen geben aufgrund ihrer natürlichen Ausdünstung permanent Wasser in die Wohnraumluft ab. Gerade aber die Hausstaubmilben mögen es - wie Schimmelpilze auch - feucht! Diese Feuchtigkeit muss also unbedingt abgeführt werden, was sich in unseren modernen, zunehmend besser isolierten Häusern (Grund: Energieeinsparung) zunehmen schwieriger realisieren lässt.

Primäres Ziel muss sein, die Luftfeuchte des Raumes gering zu halten, denn kontinuierlich trockene Luft stört Milben am empfindlichsten. Erreicht wird dies am besten durch Heizen des Schlafzimmers (bei 18 - 20 Grad Celsius) und gleichzeitigem 3-4 mal täglichen Stoßlüften zwischen 5-10 min. Ventilatoren haben hierfür keinen Effekt, da sie die Luftfeuchtigkeit nicht ausreichend reduzieren können.

Im Schlafraum sollte auf Staubfänger wie Pflanzen, oder gepolsterte Möbel verzichtet werden. Auch Teppiche als eines der wichtigsten Milbenreservoirs gehören nicht ins Haus und schon gar nicht ins Schlafzimmer eines Milbenallergikers, da sie durch Staubsaugen nicht in ausreichendem Maße von Milbenallergenen befreit werden können.

Für die Böden in den Schlafräumen sollten gut wischbare oder gut absaugbare Materialien gewählt werden, die dann aber auch regelmäßig (wöchentlich) gewischt oder gesaugt werden sollten! Fliesen sind in der Pflege und Haltbarkeit am günstigsten, es können aber auch andere glatte Materialien wie Parkett, Laminat, Kunststoff oder versiegelter Kork verwendet werden; wichtig ist die regelmäßige feuchte Reinigung!

Die Reinigung glatter Oberflächen sollte feucht erfolgen.

Bei absaugbaren Materialien sollten Staubsauger zum Einsatz kommen, die eine Luftleistung von 140-300 Watt aufbringen. Die Luftleistung besagt, mit welcher Leistung und damit mit welcher Effizienz Staub- und Fremdstoffe vom Boden abgesaugt werden; diese Luftleistung beim Kauf eines Gerätes bitte nicht mit seiner Nennleistung verwechseln. Da bei normalen Staubsaugern die angesaugte Luft durch einen Filter direkt wieder in die Raumluft ausgeblasen wird, ist die Reinigungsqualität dieses Filters von entscheidender Bedeutung.
Sehr gute Filterleistungen erbringen z.B. "ULPA"-Filter (Ultra Low Particulate Air) oder "HEPA"-Filter. Ein HEPA-Filter bedeutet frei aus dem Englischen übersetzt "Hoch Effektive Partikel-Abscheidung". Diese Feinfilter sind so effektiv, daß selbst Partikel von einer Größe kleiner als 1 µm, also der Lungenalveolen gängige Staub, noch zu mehr als 99,9 % abgefangen wird. Diese Filter werden auch in Krankenhäusern zur Belüftung des OP-Bereiches eingesetzt und sind absolut keimdicht.

Für den Erhalt seiner optimalen Staubsaugerleistung ist dann wichtig, dass der Staubsaugerbeutel regelmäßig gewechselt wird. Ganz wichtig ist, dass Sie als Milbenallergiker selbst keine Reinigungsarbeiten mit einem Staubsauger durchführen um nicht mit dem dabei aufgewirbelten Staub oder der vom Staubsauger ausgeblasenen Luft in Kontakt zu geraten.

Ein neues Staubsaugersystem, das auf der Basis eines Wasserfilters arbeitet, hat jetzt eine deutsche Firma vorgestellt. Das Staubsaugermodell, ist laut Herstellerangaben gerade für Allergiker besonders geeignet, da abgesaugte Allergene, wie z. B. Hausstaubmilbe, Pollen, und Pilzsporen effektiv über ein Wasserfiltersystem gebunden werden und der Staubsauger 99,99 % aller Partikel ausfiltern kann. Die hohe Filterreinigung des Gerätes wird zusätzlich durch einen sog. "HEPA"-Filter unterstützt.

Der Einsatz von Luftreinigungs und Luftfiltergeräten gehört hingegen nicht zu den entscheidenden und ersten Schritten der Sanierung, da sie trotz gesicherter Wirkung Staubpartikel und Allergene abzufangen, an der Symptomatik der Patienten nur wenig ändern, wie Untersuchungen zeigen konnten.

Auch wenn Rauchen keinen direkten Einfluss auf die Hausstaubmilbenallergenmenge besitzt, kann es über die Schädigung der Atemwege zum erleichterten Eindringen von Allergenen in die Atemschleimhäute kommen und damit kann allergischen Erkrankungen Vorschub geleistet werden. Auf Rauchen sollte daher in den Wohnungen und insbesondere in den Schlafräumen allergisch erkrankter Patienten gänzlich verzichtet werden.

3. Sanierung der Wohnung

Nur bei hochgradig sensibilisierten Patienten sollten neben den vorgenannten Maßnahmen eine Sanierung der kompletten Wohnung in Betracht gezogen werden. Dies sollte nach gezielter Rücksprache mit Ihrem Arzt erfolgen, da die komplette Sanierung der Wohnung sehr kostenaufwendig ist und in vielen Fällen nicht nötig wäre. Vertrauen sie hier nicht blind Globalsanierungsempfehlungen der Industrie!

Wie bereits ausgeführt, auf gepolsterte Möbel oder Teppiche sollte im Haus verzichtet werden.
Prinzipiell sollten die Sitzmöbel aus abwischbaren Materialien bestehen ( Leder, Kunstfaser) und zu Heizungszwecken sollten Strahlungsheizungen (Fußbodenheizungen, Wandheizungen) eingesetzt werden. Nachtspeicheröfen sollten nicht verwendet werden, da sie mit ihrem Gebläse große Allergenmengen aufwirbeln und verteilen können.

Bei der Wahl der Tapeten sollten glatten, strukturlosen Papiertapeten der Vorzug gegeben werden.

Für alle Patienten die wissen möchten, wie stark Ihre Wohnung oder einzelne Wohnbereiche mit Milben belastet sind, bieten sich Analysetests an, die in der Apotheke erhältlich sind. Mit diesen Tests können Sie herausfinden, wie hoch die Allergenbelastung mit Hausstaubmilben in den Räumen Ihrer Wohnung ist.

Mit den Analyseergebnissen können Sie dann gezielt vorgehen, um die Belastungsquellen einzudämmen. Hausstaubmilbenallergiker können auch überprüfen, ob Ihre bisherigen Vorsorgemaßnahmen wirksam waren.

 

Die vorliegende Patienteninformation meiner Praxis wurde für Sie nach dem heutigen Stand des ärztlichen Wissens auf der Basis der aktuellen medizinischen Fachliteratur erstellt.

Bilder mit freundlicher Genehmigung von ALK-Scherax Arzneimittel GmbH

 

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