Heuschnupfen – Was rate ich betroffenen Patienten.

 

Landläufig versteht man unter einem Heuschupfen eine Pollenallergie, die zunehmend ein globales Gesundheitsproblem darstellt. Weltweit sind zwischen 10 und 25 % der Bevölkerung mehr oder weniger mit den Symptomen dieser Krankheit konfrontiert.

Das Symptomenspektrum ist dabei vielfältig wie etwa Augenjucken mit Tränenfluß, Augenschwellung , evtl. mit Sehbeeinträchtigung, Nasenjucken, Nasenlaufen, vestopfte Nasenatmung, permanentes Niesen, Juckreiz im Hals spontan oder nach Genuss bestimmter Nahrungsmittel (siehe auch Praxisinformation Thema 7), Husten und schlimmstenfalls beginnende asthmatische Beschwerden.



Doch nicht nur die Schleimhäute können betroffen sein, auch die normale Haut kann infolge einer Pollenallergie reagieren; dies zeigt sich bei einer bereits bestehenden Neurodermitis dann durch ein Wiederaufleben bzw. durch eine Verschlechterung der Hautsymptomatik in Form von juckenden Ekzemen.

Je nach Ausmaß und Dauer der Symptome wird bei den betroffenen Patienten die schulische oder berufliche Leistungsfähigkeit beeinträchtigt und auch das normale Leben im täglichen Alltag kann durch Heuschnupfen zur Qual werden, obwohl die Krankheit für gewöhnlich keine schwere Erkrankung ist.

In Deutschland ist es in den letzten Jahrzehnten zum deutlichen Anstieg von Patienten gekommen, die unter den Symptomen eines allergischen Heuschnupfens leiden. Häufigster Auslöser in Deutschland sind dabei die s. g. Leitpollen Birke - Erle - Haselpollen, Gräser- und Roggenpollen, sowie Beifußpollen.
„Pollen“ sind die Träger des männlichen Erbgutes höherer Pflanzen. Sie reifen in den Staubgefäßen der Blüte heran und werden später entweder durch Insekten oder durch den Wind auf andere Blüten übertragen. Dort befruchten sie die im Fruchtknoten einer Blüte geschützt liegenden weiblichen Eizellen und vollenden damit den Vorgang der biologisch gewollten „Fortpflanzung“. Pflanzen, deren Pollen durch Insekten auf andere Blüten übertragen werden ("Insektenblütler") - in der Regel duftende oder leuchtende Pflanzen um Insekten anzulocken - spielen für Pollenallergiker in der Regel keine Rolle.

Größtes Problem für Heuschnupfenpatienten stellen hingegen die „Windblütler“ dar. Optisch eher unauffällig liegen die Blüten jedoch meist an exponierten, dem Wind ausgesetzten Stellen. Sie produzieren extrem große Mengen von Pollen, denn nur hierdurch wird eine sichere Befruchtung bei Windverwehung garantiert. Die Hasel produziert z.B. 1,5 Millionen Pollenkörner pro Blütenstand (pro „Haselkätzchen“) und eine Roggenähre rund 4 Millionen Pollenkörner.

Durch Wind werden die Pollen aus den Blüten frei gesetzt und an günstigen Tagen mit trockenem Klima bei normaler Windstärke können die Pollenkörner bis zu 400 km weit verweht werden, ein Grund warum unser blauer Planet so grün ist.

Eröffnet wird die Pollenflugsaison im Januar mit der Hasel, deren Flugzeit sich mit den anderen klinisch wichtigen Baumpollen Erle und Birke bis April hinzieht. Nahtlos folgt der Gräser - und Roggenpollenflug von Ende April, um im August vom Beifußpollenflug (bis September) fortgesetzt zu werden. Je nach Pollenallergie haben Sie als Patient dann die Beschwerden in den entsprechenden Monaten. Einen Pollenflugplan mit den entsprechenden Flugzeiten der Pollenarten finden Sie am Ende dieser Patienteninformation.

Warum aber nehmen Pollenallergie und Heuschnupfen zu? Nach heutigem Kenntnisstand sind folgende Ursachen verantwortlich:

  1. Zunahme der Windblütler - Pollenkonzentration in der Luft
    Bei der städtebaulich geplanten Begrünung von Innenstätten wurden und werden vorranging hochallergene Windblütler angepflanzt, wie Koniferen, Birke und Hasel. Insbesondere am Beispiel von Tokio ist dies belegt. Dort pflanzte man nach dem Krieg eine Monokultur hochallergener Bäume an. Als sie nach Jahrzehnten geschlechtsreif wurden nahm eine Heuschnupfenwelle ihren Lauf.

    Auch für Deutschland ist die Zunahme der Konzentration fliegender Baumpollen bekannt. Je nach Baumart hat der Pollenflug zwischen 1969 und 1996 um das zweieinhalb bis sechsfache zugenommen. Eine insgesamt höhere Pollenkonzentration – gemessen durch die Zahl der Pollen pro Kubikmeter Luft – konnte insbesondere bei den Pflanzengattungen gezeigt werden die zwischen Juni und September blühen (Gräser, Getreide, Gänsefuß, Sauerampfer, Spitzwegerich).

  2. Klimatisch bedingter verlängerter Pollenflug
    Doch nicht nur die Mengenzunahme fliegender Pollen, sondern auch eine verlängerte Dauer des Pollenfluges erklärt die zunehmende Heuschnupfenbelastung. So wurde in Gesamtmitteleuropa, auch in Deutschland eine Verlängerung des Pollenfluges für Gräser und Kräuter, aber auch für Bäume, die zwischen März und Mai blühen (Birken, Eichen, Buchen, Eschen, Platanen,Linden) festgestellt. Das Meterologische Institut der FU Berlin untersuchte 24 Jahre den Berliner Birkenpollenflug und stellte fest, dass sich die Blütezeit der Birke durchschnittlich um 8 Tage verlängert hat. Gleichzeitig stieg die Durchschnittstemperatur im März in Berlin um 0,7 Grad Celsius an.
    Auch wenn keine endgültigen Beweise vorliegen, deutet vieles darauf hin, dass die globale Erderwärmung von entscheidendem Einfluss ist, die in Mitteleuropa zu weitreichenden Veränderungen im ökologischen Gefüge geführt hat. Höhere Frühlingstemperaturen und ein früherer Frühlingsanfang, eine längere Herbstzeit und wärmere und kürzere Winter stellen nicht nur die Natur, sondern auch den Pollenallergiker vor eine große Herausforderung.

  3. Zunahme von allergiefördernden Luftschadstoffen
    Durch die zunehmende Industrialisierung kommt der Mensch in immer intensiveren Kontakt mit zahlreichen chemischen Abfallprodukten, insbesondere wenn diese über die Luft entsorgt werden. Allem voran zu nennen ist hierbei die Zunahme des Autoverkehrs mit seinen manigfaltigen Abgasen. Auch wenn die Abgase in die Luft geblasen werden, „lösen sie sich nicht in Luft auf“ und werden von uns über Nase und Mund eingeatmet. An den Atemwegen (Nase, Bronchien, Lungen) können diese Abgase als Reizstoffe dann eine Entzündung auslösen, wodurch es zum erleichterten Eindringen von Pollen über die gereizten Schleimhäute in unseren Körper kommt.
    Auch wenn solche gasförmigen Reizstoffe keinen direkt allergieauslösenden Charakter besitzen, können sie so dennoch die Entstehung von Allergien und Heuschnupfen fördern. So konnten Untersuchungen zeigen, dass die Häufigkeit von Heuschnupfen bei Einwohnern, die an verkehrsreichen Straßen lebten deutlich höher war, als bei Einwohnern, die in verkehrsarmen Regionen wohnten. Auch konnten in den luftverschmutzten städtischen Bereichen unabhängig vom Wetter höhere und über den Tag hinweg längere nachweisbare Pollenkonzentrationen gemessen werden, als im Vergleich zu ländlichen Gebieten. Möglicherweise kommt es durch die Interaktion von Luftschadstoffen mit den Pollen bereits in der Außenluft zu einer vemehrten und aggressiv veränderten Pollenfreisetzung und Allergenität.
    Nach heutigem Stand haben folgende Luftschadstoffe allergiefördernde Eigenschaften:
    gasförmige Luftschadstoffe: Schwefeldioxid (20%Haus-, 70% Industrie-feuerung) Stickstoffoxyde (70% Motorfahrzeuge, 25% Industriefeuerungen)
    partikelförmige Luftschadstoffe: Tabakrauch (insbesondere als Passiv-raucher), Dieselruß (hauptsächlich Straßenverkehr).

Die Therapie eines Heuschnupfens kann zunächst medikamentös erfolgen (Augen- und Nasensprays, Tabletten).
Bei stärkeren Beschwerden sollte eine Immuntherapie, die sogenannte Hyposensibilisierung erfolgen um den Übergang in ein allergisches Asthma rechtzeitig zu unterbinden. Bezüglich weiterer Informationen zur Hyposensibilisierung empfehle ich Ihnen meine Praxisinformation Thema 3: Wie funktioniert eine Hyposensibilisierung.

Wichtigste Maßnahme bei einer Allergie ist jedoch immer die Vermeidung des auslösenden Allergens. Gerade bei einem Heuschnupfen infolge Pollenallergie ist dies jedoch unmöglich, da bedingt durch Luft und Wind je nach Blütezeit die Allergene (Pollen) allgegenwärtig sind. Um so wichtiger ist es, wenigstens das Ausmaß des Pollenkontaktes möglichst zu begrenzen und niedrig zu halten. Diesbezüglich rate ich Heuschnupfenpatienten zu folgenden Maßnahmen:

  1. Tägliches! Duschen und Haarewaschen
    Wenn der Tag für Sie im Freien beendet ist, sollten Sie duschen um die überall auf der Haut klebenden Pollen nicht weiter in der Wohnung oder gar im Bett zu verlieren und zu verteilen. Wichtig ist insbesondere die tägliche Haarwäsche, da hier erhebliche Pollenmengen abgelagert sind.

  2. Kleidung separiert lüften
    Wenn der Tag im Freien für Sie beendet ist sollten Sie nach dem Duschen frischgewaschene Kleidung anziehen, die vorher nicht im Freien getragen wurde. Die pollenbeladene Kleidung vom Tag sollten Sie nicht im Schlafzimmer ablegen, da auf diesem Wege der größte Teil, der durch die Kleidung aufgenommenen Pollen ins Zimmer kommt. Versuchen Sie die tagsüber getragene Kleidung in einem Zimmer zu separieren, das Sie gut lüften und leicht reinigen können.
    Auch sollte frisch gewaschene Wäsche während des Pollenfluges nicht im Freien zum Trocknen aufgehängt werden.

  3. Aufenthalt im Freien planen
    Begrenzen oder vermeiden Sie den Aufenthalt im Freien zu den Spitzenbelastungszeiten des Pollenfluges. Diese Zeiten erfahren Sie aus Tageszeitungen oder bei Pollenfluginformationsdiensten, z.B. über das Internet. Adressen sind im Anhang zu dieser Patienteninformation angefügt.
    An Tagen mit kühler Witterung oder an regnerischen Tagen ist der Pollenflug deutlich geringer, solche Tage sollten für Sie im Freien verträglicher sein.

  4. Gezieltes Lüften der Wohnung
    Idealer Zeitpunkt zum Lüften besteht in den Morgenstunden nach 0 Uhr bis 4 Uhr morgens. Spätestens zum frühen Sonnenaufgang sollten intensive Durchlüftungsmaßnahmen der Wohnung / Schlafzimmer beendet sein. Wer darüber hinaus nicht auf Frischluft verzichten möchte, sollte spezielle "Pollenschutzfolien" vor dem Fenster installieren die im Fachhandel erhältlich sind.

  5. Reinigung der Wohnung
    Während der Pollenflugzeit sollten Sie Ihre Wohnung regelmäßig staubsaugen (mit Feinstaubfilter!) und die Oberflächen im Wohnbereich feucht wischen. Versuchen Sie die tagsüber getragene Kleidung in einem Zimmer zu separieren, dass Sie regelmäßig gut lüften und leicht reinigen können.

  6. An Haustiere denken
    Auch Haustiere tragen erhebliche Mengen von Pollen in Ihre Wohnung. Überdenken Sie daher Maßnahmen der Körperreinigung, bzw. der zeitlichen Begrenzung im Freien auch für Ihr Haustier.

  7. PKW-Benutzung
    Nach längeren Standzeiten können im Lüftungssystem große Mengen von Pollen abgelagert sein, die beim Einschalten der Ventilation in den Innenraum geblasen werden. Daher sollten Sie die Ventilation bei noch offenen Autotüren (ohne im Auto Platz zunehmen!) ordentlich durchblasen lassen oder besser lassen Sie einen Pollenfilter in die Lüftungsanlage einbauen.

  8. Urlaubsplanung
    Planen Sie , wenn möglich Ihren Urlaub auswärts dann, wenn für Sie die allergieauslösenden Pollen in der Luft zu Hause am stärksten belastend sind. Gering pollenbelastet ist z.B. der küstennahe Mittelmeerraum oder die Kanaren.
    Hierzulande gelten die deutschen Nordseeinseln als relativ pollenarm, insbesondere Helgoland nimmt wegen seiner küstenfernen Lage hier eine herausragende Stellung ein. Bei den ost- und nordfriesischen Inseln hingegen ist die Pollenbelastung unberechenbar, weil sie stark von der herrschenden Windrichtung abhängt.
    Als pollenarme Region ist außerdem das Hochgebirge oberhalb 2000m Höhe empfehlenswert und in Gebirgsregionen über 1000m ist der Pollenflug gegenüber Tal-Lagen bereits deutlich reduziert.

 




Die vorliegende Patienteninformation meiner Praxis wurde für Sie nach dem heutigen Stand des ärztlichen Wissens auf der Basis der aktuellen medizinischen Fachliteratur erstellt.

Grafik mit freundlicher Genehmigung von ALK-Scherax Arzneimittel GmbH

 

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