Haarige Probleme: Zuwenig oder Zuviel.

 

"Die Schönheit kann der reichen Fülle des Haares nicht entbehren", so sagt ein Sprichwort.
Schon in der antiken Bildhauerkunst richtete der Künstler sein Auge auf die schmuckvolle Gestaltung üppiger Haarpracht, die Dichter besangen das schimmernde Blondhaar junger Frauen und die Maler aller Epochen haben auf ihren Gemälden wahre Orgien mit Frauenhaar verewigt.

Auch heute spielt das Haar- obwohl es biologisch gesehen nur eine untergeordnete Funktion erfüllt - eine ganz wichtige Rolle, wenn es um die Positionierung im alltäglichen Leben geht. Persönlicher Ausdruck, Ausstrahlung und Attraktivität gewinnen durch unsere Gesichts- und Kopfbehaarung genauso an Bedeutung, wie durch unsere Körperhaltung, Kleidung oder Körperdüfte.


Wünscht sich ein jeder:
gesundes, volles Haar

 

Im Zeitalter einer Wohlstandsgesellschaft, geprägt durch gesteigertes Selbstbewußtsein und zunehmender Emanzipation und dem Streben nach Luxus- und Schönheitsidealen, ist gutes und makelloses Aussehen wichtiger denn je, sowohl auf privater als auch auf beruflicher (Erfolgs-)Basis.
Umso wichtiger sind die Signale, die von einer gesunden und schönen Behaarung, gerade im Gesicht, ausgehen. Umso störender sind krankhafte Veränderungen unserer Kopf- und Gesichtsbehaarung, entweder durch zuviel Haar (Bartwuchs bei Frauen) oder zuwenig Haar, also Haarausfall.

Während Haarausfall bei Männen "gesellschaftlich akzeptiert" wird, ist der sichtbare Haarausfall einer Frau immer Gesprächsthema bei den Anderen und führt zu großen seelischen Konflikten mit Minderwertigkeitsgefühlen bei der Betroffenen selbst.

Von seinen ca. 100 000 Kopfhaaren fallen einem gesunden Menschen tagtäglich Haare aus, entweder spontan oder beim Kämmen (bis zu 100 Haare am Tag), sowie beim Haarewaschen (bis zu 300 Haare). Hier sind jedoch auch Angewohnheiten bei der Haarwäsche zu berücksichtigen; Frauen, die täglich Haare waschen, verlieren regelmäßig etwa gleichviele Haare. Bei Frauen, die nur einmal wöchentlich Haare waschen, kann der wahrgenommene Haarausfall an diesen Tagen stark erhöht sein, ohne dass krankhafte Veränderungen vorliegen müssen. Viele Menschen weisen einen periodisch verstärkten Haarwechsel auf, einige davon sind auch jahreszeitlich synchronisiert, vor allem im Frühling und Herbst.
Ein Haar wächst mit einer Geschwindigkeit von 0,35mm pro Tag,so daß seine Länge in einem Monat um 1 cm zunimmt.

Von einem krankhaften Haarausfall spricht man, wenn mehr als 100 Haare täglich über eine längeren Zeitraum ausgehen und es einen deutlichen Unterschied zwischen der Menge der abgestoßenen und nachgewachsenen Haare gibt. Die meisten Patientinnen überschätzen die Menge ausfallender Haare sehr stark, insbesondere Frauen mit langem dunklen Haar (die ausgefallenen dunklen Haare stechen mehr ins Auge als helle ausgefallene Haare).

Um wirklich objektiv prüfen zu können, wieviele Haare ausfallen und ob Ihr Haarausfall schon als krankhaft anzusehen ist, sollten Sie den folgenden "Standardzähltest" anwenden. Der Standardzähltest dient Ihnen dann auch zur Erfolgskontrolle eines therapiebedürftigen Haarausfalls, unter der eingeleiteten Behandlung.

 

Durchführung:
Tag 1: Haar gut schamponieren und anschließend bürsten.
Tag 2 bis Tag 5: an diesen Tagen werden die Haare nicht mehr gewaschen und nur einmal am Tag, am besten morgens, gekämmt.
Alle beim Kämmen ausfallenden Haare und die Haare, die im Kamm hängenbleiben, werden für den jeweiligen Tag separat gesammelt und gezählt. Am besten stecken Sie die gesammelten Haare in einem Briefumschlag, auf dem Sie die Anzahl der ausgefallenen Haare mit dem Datum vermerken.

 

Sollten Sie bei Durchführung des Standardzähltestes bei zweimaliger Wiederholung im 3-4 Wochen-Abstand täglich mehr als 100 Haare verlieren, sollten Sie Ihren Arzt zur weiteren Behandlung aufsuchen.

Man unterscheidet drei Formen eines Haarausfalles.

1. Kreisrunder Haarausfall (Alopecia areata):

Hier kommt es oft relativ plötzlich zum Auftreten kreisrunder enthaarter Areale. Diese
Form des Haarausfalls wird heute als eine Störung in unserem Immunsystem verstanden. Auch wenn die Prognose dieser Erkrankung eher als günstig zu bezeichnen ist - bei mehr als 50 Prozent der Patienten kommt es wieder zur spontanen Heilung auch ohne Therapie - sollten Sie ärztliche Hilfe in Anspruch nehmen.

2. Diffuser Haarausfall (Telogenes Effluvium):

Hier sind nicht einzelne Areale befallen, sondern der komplette Kopfbereich ist mehr oder weniger von einem "mauserartigen" Haarausfall betroffen. Niemals kommt es hier zum totalen Haarausfall. Die Ursachen des diffusen Haarausfalles können sein:

  • Unsachgemäße Diätgewohnheiten, Gewichtsabnahme: Wichtig für einen gesunden Haarwuchs ist eine eiweißreiche Ernährung. Da in vielen Diäten entweder weniger Eiweiß oder Vitamine als Eiweißersatz empfohlen werden, kommt es nicht nur zur Gewichts-, sondern auch zur Haarreduktion. Auch bei Vegetariern ist eine adäquate Eiweißzufuhr oft problematisch.

  • Akute Streßsituationen: Nach starken emotional belastenden Ereignissen wird oft ein vermehrter Haarausfall beobachtet. Die Spontanheilung ist in diesem Falle sehr hoch.

  • Relativer Eisenmangel: Ein Eisenmangel läßt sich nur durch eine Blutanalyse mittels Ferritin-Bestimmung sichern. So fördern bereits schon leicht erniedrigte Ferritinspiegel bei sonst normalem Blutbild und normalem Eisenwert einen Haarausfall. Auch Frauen mit starker Monatsblutung und bei Vegetariern besteht oft ein Eisenmangel, der einen diffusen Haarausfall begünstigt.

  • Chronische oder schwere akute Infekte: z.B. Hepatitis, Tuberkulose oder hohe fieberhafte Infekte (Grippe).

  • Innere Erkrankungen: Blutkrankheiten, Lebererkrankungen, Schilddrüsenerkrankungen, Magersucht, Verdauungs- bzw. Verwertungsstörungen, z.B. nach Dünndarmoperationen (Vitamin-H-Mangel).

  • Größere Operationen und Schockzustände: Insbesondere in Verbindung mit diversen Medikamenten, die danach therapeutisch erforderlich sind oder waren.

  • Haarbodenerkrankungen: Wie z.B. Pilzerkrankungen der Kopfhaut, Schuppenflechte, Kontaktekzeme durch z.B. Haarfärbemittel, Irritationsekzeme infolge gehäuftem Haarewaschen (Austrockung der Kopfhaut), häufiges Tönen oder Bleichen der Haare.

  • Medikamente: Häufige Auslöser sind Antirheumatika, Antiepileptika und Antidepressiva, Bluthochdurckmittel (z.B. Betablocker und ACE-Hemmer), Blutverdünner, Chemotherapie, Fettsenker, Gestagene, Schilddrüsenmedikamente (z.B. Jodide) und Vitamin-A-Säure-Abkömmlinge (zur Aknetherapie).

  • Plötzlicher Abfall weiblicher Hormone (Östrogene): Oftmals nach Entbindung oder Schwangerschaftsabbruch oder Ab- und Umsetzen eines Pillenpräparates.


Viele dieser möglichen Ursachen für den diffusen Haarausfall sind persönlich beeinflußbar, so daß nach Erkennung und Ausschaltung der auslösenden Ursache die Prognose sehr günstig ist. Innerhalb von sechs Monaten setzt das normale Haarwachstum wieder ein.

3. Anlagebedingter erblicher Haarausfall (Alopecia androgenetica):

Die meisten Patienten mit Haarausfall leiden unter dieser Veränderung, erst mit weitem Abstand folgen der diffuse- und der kreisrunde Haarausfall.
Bei dieser Form kommt es nach einem typischen "männlichen- und weiblichen Muster" zum langsamen Haarausfall aufgrund erblich vorgegebener Haarumwandlung unter dem Einfluß von männlichem Hormon (Dihydrotestosteron). Es handelt sich dabei eigentlich mehr um einen physiologischen Prozeß als um eine Krankheit im eigentlichem Sinne; trotzdem wird von der WHO der anlagebedingte Haarausfall als Krankheit angesehen. Und auch subjektiv ist diese erblich vorbestimmte Form des Haarausfalls für Betroffene immer mit einem Krankheitsgefühl unter großer Angst vor einer Glatzenbildung verbunden.

Während sich denn auch im fortschreitendem Verlauf bei einem betroffenem Mann zunehmend eine Glatze entwickelt ("männliches Muster") kommt es bei der Frau fast niemals zur Glatzenbildung. Hier kommt es in der Regel fast immer nur zu einer mehr oder weniger stark ausgeprägten diffusen Ausdünnung der Haare im zentralen Mittelscheitelbereich der Kopfhaut ("weibliches Muster"). Selbst bei starker Ausprägung bleibt bei der Frau meist ein Areal mit dichterer Behaarung im Stirnbereich bestehen, und es kommt nicht zur völligen Kahlheit wie bei Männern.
Für das individuelle Ausmaß und den optisch sichtbaren Schweregrad ist hierbei primär die erbliche Veranlagung verantwortlich.
Diskrete Formen, die in der Regel keiner Behandlung bedürfen, durchlaufen wenigstens 80 Prozent aller Männer und 60 Prozent aller Frauen vor Erreichung des 60. Lebensjahres. Bei Männern können erste Anzeichen bereits nach der Pubertät zu beobachten sein.

Bezüglich der therapiebedürftigen Formen des erblich bedingten Haarausfalls wenden Sie sich bitte an Ihren Arzt, da gerade in der jüngsten Zeit innovative Wirkstoffe eingeführt wurden, die das bisherige Spektrum der Behandlungsmöglichkeiten effizient zu unterstützen scheinen.

Plagen sich viele Frauen mit Haarausfall, so ist für Andere der vermehrte Haarwuchs ein Problem, insbesondere im Gesicht, wenn es zum sichtbar vermehrten Haarwuchs an typisch männlichen Arealen kommt z.B. in Form eines Kinn- und Oberlippenbartes.
Die meisten Fälle eines übermäßigen weiblichen Haarwuchses nach männlichem Behaarungsmuster (auch Hirsutismus genannt) sind erblich vorgeprägt und innerhalb bestimmter Völkergruppen vorgegeben. Für betroffene Frauen (z.B. vorderer Orient, südöstlicher Mittelmeerraum) wird der ethnische Behaarungstyp erst beim Wechsel in einen anderen Kulturkreis zu einem psychosozialen Problem.
In Europa sollen nach ungesicherten Schätzungen ca. 30% der weißen weiblichen Bevölkerung mehr oder weniger einen verstärkten Haarwuchs nach männlichem Behaarungstyp aufweisen, der alleine erblich vorbestimmt ist. Nur bei 10% aller Patientinnen liegen krankhafte Prozesse zugrunde (z.B. Hormonstörungen, Tumoren, Medikamente), die einer intensiven diagnostischen Abklärung bedürfen.

Auch für die Behandlung von vermehrtem Haarwuchs im Gesicht einer Frau stehen seit jüngster Zeit neben den klassischen Verfahren (Rasur, Wachsen, Bleichen mit Wasserstoff, Enthaarungscremes) innovative Alternativen zur Verfügung.

Eine Möglichkeit, störende Behaarung zu entfernen, bietet z.B. die Lasertherapie. Hierzu habe ich für Sie ausführliche Informationen in meiner Praxisinformation Thema 11 zusammengestellt: Laser-Haarentfernung mit dem Diodenlaser.

Sollten Sie als Frau sichtbar an beiden Varianten "haariger Probleme" leiden, also verstärkter Haarausfall am Kopf und verstärktes Haarwachstum in männlichen Körperregionen (Oberlippenbart, Kinn, Brust, Oberschenkel) sollten Sie immer ärztliche Behandlung aufsuchen, da hier sicherlich eine behandlungsbedürftige hormonelle Störung zugrunde liegt.

 

 

Die vorliegende Patienteninformation meiner Praxis wurde für Sie nach dem heutigen Stand des ärztlichen Wissens auf der Basis der aktuellen medizinischen Fachliteratur erstellt.

 

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